Die Covid-19-Pandemie zwingt die Museen dazu, weiterhin ihre Pforten geschlossen zu halten – im Gegenzug entwickeln sich seit Frühjahr letzten Jahres vielfältige Onlineformate und die digitale Kunst- und Museumsvermittlung sprießt geradezu aus allen Ecken. Nicht nur Sammlungen der Beispiele, sondern auch Umfragen internationaler Verbände (von Nemo oder ICOM) untermauern diesen Eindruck. Von Vortragskonzerten, inklusiven Live-Führungen, Websites für Kinder bis hin zu Ausstellungen in Minecraft reicht die Bandbreite – doch wie sieht es mit den künstlerischen Aktivitäten aus, die üblicherweise in Museums-Werkstätten oder Ateliers von ausgebildeten KunstpädagogInnen angeboten werden? Wie lässt sich künstlerisch kreativ per Kamera vermitteln und welchen Stellenwert nimmt eine solche Onlinevermittlung im digitalen Museum ein?
Vor Kurzem suchte ich als Geschenkidee nach einem ganz bestimmten Angebot: Einem Onlineworkshop für Erwachsene, angeboten von einem Kunstmuseum zu einem bestimmten Thema. Eine knappe Recherche zeigte mir nur vereinzelt passende Angebote, häufig stieß ich auf den Museums-Websites lediglich auf abgesagte Präsenzkurse oder Angebote für Kinder. Dies veranlasste mich dazu, die Twitter-Community anzusprechen und ich verfasste folgenden Post:
Dadurch erreichten mich einige Hinweise auf sehr vielversprechende Angebote, welche bisher noch nicht auf meinem Radar waren oder zu denen bis dato noch keine Angabe auf künftige Workshops onlinegestellt wurde. So bietet etwa das Picasso Museum die nächsten Monate hinweg nicht nur ein digitales Picasso-Atelier für Kinder, sondern ebenfalls eine digitale Erwachsenen-Werkstatt an. Dabei werden Werke aus der aktuellen Ausstellung vorgestellt und anschließend gestalterische Techniken (Zeichnung, Drucken, Collage) erprobt – die Materialen erhalten die Teilnehmenden zuvor per Post. Ähnliche Methoden kommen etwa im digitalen Workshop „Virale Romantik“ des Kunstpalast Düsseldorf zum Einsatz, in dem Collagetechniken und fotografische Vorlagen in einem Webinar verschmelzen, das Theorie und Praxis verknüpft. Einen Online-Zeichenkurs, passend zur Ausstellung „Max Klinger und das Kunstwerk der Zukunft“, bietet die Bundeskunsthalle in Bonn an. Dazu werden im Januar und Februar regelmäßig zweistündige Termine zur Verfügung gestellt, in denen verschiedene Zeichentechniken erprobt werden. Eine große Auswahl an Terminen und Möglichkeiten bieten zudem die Pinakotheken in München, dies reicht von dem Online-Workshop „Kreativsession nach Feierabend“ bis hin zur Pop-Up Factory „Das gewande(l)te Ich“ für Familien oder den einstündigen „Lockdownzimmerskulpturen“ im heimischen Wohnzimmer. Auch die Bauhaus-Werkstatt-Online wird vermutlich im Februar eine online-Fortsetzung finden, wie das Bauhaus Archiv auf Twitter mitteilte. Die vielfältigen künstlerischen Vorgehensweisen nach „einem gymnastischen und zeichnerischen Warm-Up“ versprechen Spannendes!

Dieser kurze Überblick fasst knapp diejenigen Angebote zusammen, die mir per Twitter kommuniziert wurden. (Weitere Hinweise und Diskussionen gerne in den Kommentaren!) Sicher lassen sich zusätzliche Beispiele für künstlerisch-kreative Onlineangebote durch Museen finden – andere digitale Formate wie Plattformen, Live-Führungen und Chats wurden hier außerdem nicht aufgeführt . Nach dieser kurzen Rundumschau lässt sich allerdings eines festhalten: Es lässt sich künstlerisch kreativ per Kamera vermitteln! Ausreden, dass dies an der Technik scheitert oder das physische Arbeiten nicht ersetzen könne, wirken schnell blass. Alleine der Vermerk *ausgebucht* neben den meisten gestalterischen Onlineangeboten der Museen spricht dafür, dass das digitale Publikum ein enormes Bedürfnis nach kreativen und künstlerischen Zugängen per Live-Onlinevermittlung hat. Dies lässt darauf hoffen, dass sich die Menschen im Shutdown weiterhin Kunst- und Kulturangebote wünschen. Dass das Scheitern an der Technik überwunden werden kann, zeigen die oben genannten Beispiele – eine Portion Mut und Experimentierfreudigkeit gehört dabei natürlich dazu, wenn eventuell einmal die Internetverbindung ruckelt. Zudem ist zu überdenken, ob die Online-Angebote lediglich als „Überbrückungshilfen“ gebranntmarkt werden sollen. Ist es denn der Rede wert, dass ein Zeichenkurs per Zoom nicht die Gesamtheit der Erfahrung ersetzt, die bei dem Besuch im Museum oder der Inspiration durch eine künstlerische Werkstat entsteht? Geht es denn bei den Onlineangeboten tatsächlich darum, das gemeinsame Arbeiten mit vielfältigen Materialien vor Ort kompensieren zu wollen? Meiner Meinung nach wäre es endlich an der Zeit, trotz der Andersartigkeit digitale Kunstvermittlung und künstlerische Onlineangebote als eigenständige Angebote zu akzeptieren und als spezifische Formate bewusst zu konzipieren. Wie wäre es andernfalls möglich, dass sich Interessierte aus den verschiedensten Städten unproblematisch am Montagabend zum kreativen Gestalten zusammenfinden und sich mit künstlerischen Ausdrucksformen beschäftigen? Wenn dies mit Ausstellungsinhalten verbunden wird, nehmen die Museen nicht nur einen neuen Kanal der Vermittlung und Bedürfnisse der Gesellschaft war. Vielmehr können sie als professionelle Player fundierte Angebote im Bereich der Kunstworkshops selbst beisteuern und vorhandene Kompetenzen nutzen. Die Teilnehmenden werden dann dabei unterstützt, sich „vom Betrachter zum Gestalter“ zu wandeln sowie sich aktiv und künstlerisch mit den Museumsinhalten auseinanderzusetzen.
Wer hätte gedacht, dass diese schreckliche Pandemie doch etwas gutes Hervorbringen kann. Das ist Kunst. Sie erfindet sich neu, selbst unter widrigen umständen. Danke für den Artikel, Anja!
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